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A LA CARTE – FREIHEIT GEHT DURCH DEN MAGEN

Inhalt:

 

Als Regisseur beglückte der Franzose Éric Besnard sein deutsches Publikum zuletzt mit einer Wohlfühlkomödie über eine Obstbäuerin (Birnenkuchen mit Lavendel). Auch in seinem neuen Film geht es kulinarisch zu. Diesmal denkt Besnard die Französische Revolution von der Küche aus.

Pierre Mancerons (Grégory Gadebois) Kellerküche läuft wie eine gut geölte Maschine. Wenn der wohlgeformte Mann Ende des 18. Jahrhunderts durch die lichtdurchfluteten Räume unter dem Schloss des Herzogs von Chamfort (Benjamin Lavernhe) schreitet, hat er alles im Blick und im Griff. Er legt hier noch einmal letzte Hand an und degradiert dort eine Küchenhilfe zum Tellerwäscher. Ein Stockwerk höher diniert die feine Gesellschaft und macht sich über den Hunger des Fußvolks lustig. Ihr Geist ist so leer wie ihr Portemonnaie prall gefüllt ist. Veränderungen sind unerwünscht – in der Politik wie auf dem Speiseplan.

Kreativität und Stolz kosten Pierre Manceron schließlich die Stelle. Entgegen den Anweisungen des Hofverwalters Hyacinthe (Guillaume de Tonquédec) wagt der Koch etwas Neues. Doch seine Pasteten, die er auf den Namen „Köstlichkeiten“ tauft, kommen zu Tisch nicht gut an. Sie enthalten Trüffel und Kartoffeln, doch alles, was unter der Erde wachse, sei des Teufels. Das fräßen nur die Schweine (und die Deutschen). Pierre will sich für seine Kreation partout nicht entschuldigen. Statt mit seinem Herrn an den Königshof nach Versailles zu fahren, zieht er erst einmal herrenlos durch die Lande.

Diese ersten Minuten geben die Richtung vor. Éric Besnard setzt seinem Publikum nicht nur kulinarische Köstlichkeiten vor, sein Film ist auch ein Augenschmaus – egal ob Kameramann Jean-Marie Dreujou (Meine Zeit mit CézanneDer letzte Wolf u. a.) die Gerichte, die Klamotte oder die Landschaften im Wandel der Jahreszeiten einfängt. Die Farben leuchten und das Essen, das zwischendurch wie ein Stillleben drapiert die Übergänge von einem Kapitel zum nächsten ankündigt, lässt einem beim Zusehen das Wasser im Mund zusammenlaufen.

Die verlassene Poststation seines alten Herrn, der inzwischen unter der Erde liegt, wird Pierres neue Heimat. Gemeinsam mit seinem Sohn Benjamin (Lorenzo Lefèbvre), dem dort hausenden Wilderer und Schnapsbruder Jacob (Christian Bouillette) und der Fremden Louise (Isabelle Carré), die eines Tages vor der Tür steht und bei Pierre in die Lehre gehen will, richtet er das heruntergekommene Gehöft seines Vaters wieder her. Mit neuen Gerichten und neuen Ideen wird daraus nach und nach ein in Frankreich bislang unbekanntes Konzept: ein Restaurant – das jedermann bedient, unabhängig vom Stand und Geldbeutel. Die Revolution wirft ihre Schatten voraus.

Der 1964 geborene Éric Besnard ist schon lange im Geschäft. Das Essen hat er erst vor Kurzem als filmisches Thema für sich entdeckt. Zuvor schrieb und drehte er unter anderem Abenteuer-, Action- und Science-Fiction-Filme, darunter Mathieu Kassovitz‘ Babylon A.D. (2008) und Nicolas Boukhriefs Cash Truck – Der Tod fährt mit (2004), der gerade erst von Guy Ritchie ein Remake verpasst bekam. Gemeinsam mit dem ein Jahr älteren Boukhrief hat Besnard jetzt auch das Drehbuch für À la Carte geschrieben.

Sein Film ist eine witzige und warmherzige Alternativgeschichte der Französischen Revolution. Er handelt von einem sensiblen und zerbrechlichen Mann, der sich im Verbund mit Gleichgesinnten neu erfindet. Hier geht nicht nur die Liebe, sondern auch die Freiheit durch den Magen, wenn die Liebe nicht gerade auf den Magen schlägt. Wie ein Menü mit unzähligen Gerichten ist aber auch dieser Film ein wenig zu lang. Den einen oder anderen Gang hätte sich Besnard sparen können. Wie es sich für ein gelungenes Menü gehört, endet der Film mit einer Nachspeise: Rache wird bei Besnard nicht nur kalt, sondern auch ausgesprochen süß serviert.

(aus „KINO-ZEIT“)
 

Details:

Mit:  Isabelle Carré, Grégory Gadebois, Benjamin Lavernhe
Regie: Éric Besnard
Genre: Kulinarisches Kino
Länge: 117 Min.
Alterszulassung: Ab 12 Jahre
Land: Frankreich
Erscheinungsjahr: 2022


Spielzeit: