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Kino Katsdorf

FRANZ K.

Prag, Anfang des 20. Jahrhunderts: Franz Kafka ist zerrissen zwischen der Autorität des fordernden Vaters, der Routine im Versicherungsbüro und der stillen Sehnsucht nach künstlerischer Entfaltung. Während seine Texte erste Leser finden, beginnt die Reise eines jungen Mannes, der sich nach Normalität sehnt, jedoch den Widersprüchen des Lebens begegnet, dabei Literaturgeschichte schreibt und sich immer wieder Hals über Kopf verliebt. Getrieben von Liebe, Fantasie und dem Wunsch nach Respekt, unterstützt von seinem Freund und Verleger Max Brod, entfaltet sich das ebenso berührende wie skurrile Porträt eines der faszinierendsten Denker der Moderne. Ein Film wie Kafkas Werk selbst: überraschend, poetisch, unvergesslich.

Mit FRANZ K. gelingt Agnieszka Holland ein origineller Zugang zum Menschen Kafka, eingebettet in einer, ein Jahrhundert umspannenden Erzählung. Sie findet sinnlich-surrealistische Bilder, die uns Kafka als Mensch näherbringen und sein Inneres greifbar machen. Dabei fängt sie die Monotonie und Beengtheit seines Alltags genauso ein wie die Vielschichtigkeit seines Wesens und Vielsprachigkeit seiner Zeit.

Idan Weiss als Franz Kafka verkörpert den zerrissenen Schriftsteller mit bemerkenswerter Intensität. Mit Peter Kurth (u.a. BABYLON BERLIN, ZWEI ZU EINS, HERBERT, GOLD) als herrischem Vater Hermann, Katharina Stark (u.a. DEUTSCHES HAUS, European Shooting Star 2025) als eigensinnige Schwester Ottla, Carol Schuler (u.a. TATORT ZÜRICH) als Verlobte Felice Bauer und Sebastian Schwarz (u.a. ICH BIN DEIN MENSCH, BALLON) als Freund und Verleger Max Brod steht ein hochklassiges Ensemble an seiner Seite. Für das Drehbuch verantwortlich war Marek Epstein, die Bildgestaltung übernahm Tomasz Naumiuk.

INHALT:

Der Schriftsteller Franz Kafka (1883-1924) ist für seine rätselhaften, oft unheimlichen und ziemlich absurden Werke bekannt, darunter „Der Prozess“ und „Das Schloss“. Für die befremdliche Anmutung seiner literarischen Arbeit wurde gar das Wort „kafkaesk“ erfunden. Auf der Kinoleinwand befasste sich etwa schon Steven Soderbergh in „Kafka“ (1991) mit dem Künstler, indem er diesen inmitten einer atmosphärischen Verschwörungsgeschichte zeigte. Das Regieduo Georg Maas und Judith Kaufmann lieferte mit dem biografischen Drama „Die Herrlichkeit des Lebens“ (2024) nach dem gleichnamigen Roman von Michael Kumpfmüller wiederum einen verblüffend zarten Film, der sich weit von den üblichen Assoziationen entfernte, um das letzte Lebensjahr Kafkas zu schildern.

In ihrem Biopic Franz K. wählt die Regisseurin Agnieszka Holland nun gemeinsam mit ihrem Co-Autor Marek Epstein einen weiteren spannenden Ansatz, um sich ihrem Titelhelden zu nähern. Der Hauptplot ist im Prag des beginnenden 20. Jahrhunderts angesiedelt. Die Inszenierung unternimmt jedoch immer wieder Zeitsprünge. Dies geschieht gleich in der Eröffnungssequenz auf sehr elegante Weise, wenn der Protagonist zunächst als kleiner Junge mit unzufrieden-skeptischer Miene beim Friseur sitzt – und sich im nächsten Moment als junger Mann, verkörpert von Idan Weiss, an ebenjener Stelle mit ganz ähnlichem Blick befindet.

Weiss spielt Franz als hochsensiblen Menschen, der die alltägliche Geräuschkulisse in seinem privaten und beruflichen Umfeld im Elternhaus und in einem Unfallversicherungsbüro als extremen Lärm wahrnimmt. Kindheitserinnerungen blitzen zuweilen auf und vertiefen die schwierige Beziehung zum strengen Vater Hermann (Peter Kurth), der das „dumme Geschreibsel“ des Sohnes nicht ernst nimmt und zu heftigen Wutausbrüchen neigt. Neben dem engen Verhältnis zu seiner unterstützenden Schwester Ottla (Katharina Stark) und zu seinem guten Freund und Verleger Max Brod (Sebastian Schwarz) geht es auch um die unbeständige Liebe zu seiner Verlobten Felice Bauer (Carol Schuler).

Gerade in der Interaktion mit dem Vater wird Franz als missverstandenes, unterdrücktes Genie gezeichnet – gewiss ein recht typisches Bild. Aber der Film wagt sich in vielen Szenen über das Erwartbare hinaus und sorgt im besten Sinne für Irritation. So sprechen die Figuren gelegentlich direkt in die Kamera, um uns ihre zum Teil widersprüchlichen Eindrücke von Franz anzuvertrauen.

Zu den zahlreichen Charakterisierungen von außen kommt ein weiterer origineller Einfall: Immer wieder landet das Werk für kurze Augenblicke in der Gegenwart, bei Führungen durch das Franz-Kafka-Museum und bei touristischen Touren, die den sperrigen Künstler zu einem Konsumprodukt machen. „Eat like Kafka did“, heißt es etwa, um für einen Besuch in einem angeblichen Stammlokal des inzwischen verstorbenen Autors zu werben. Agnieszka Holland denkt die heutige Kafka-Rezeption in ihrer Rückschau auf dessen Leben stets mit – und macht klar, dass es nicht die eine Wahrheit, nicht den einen „echten“ Kafka geben kann, sondern nur Projektionen und Interpretationen.

Die tschechisch-deutsch-polnische Produktion fängt die Härte und Grausamkeit der damaligen Zeit ein, ist häufig jedoch auch überraschend humorvoll. Neben dem in sich gekehrten, zerrissenen, hin und wieder pedantischen Franz lernen wir dessen ausgelassene Seite kennen, etwa wenn der Schriftsteller fröhlich lachend in einer freundschaftlichen Runde aus Der Prozess vorliest. Ein schöner Gegenentwurf zur Melancholie und zur verstörenden Schwere, die häufig unser Kafka-Bild prägen.

(aus „Kino-Zeit“)

 

DETAILS:

Schauspieler:  Idan Weiss, Peter Kurth, Katharina Stark, Sebastian Schwarz
Regie: Agnieszka Holland
Genre: Drama
Dauer: 128 Min
Zulassung:  ab 14 Jahre
Land: Tschechien, Polen, Deutschland
Erscheinungsdatum: 2025

 

SPIELZEIT: